175 Jahre TSV 1846 Nürnberg - ältester Turnverein in Bayern

30.05.2023

175 Jahre, zunächst eine Zahl, aber aus welch einer Zeit. Es gab noch keine Autos, nicht einmal Fahrräder, sondern die Postkutsche, das Pferd oder per pedes. Aber die Bahn fuhr bereits, die erste deutsche Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth - die Ludwigsbahn (1835).

Friedrich Ludwig Jahn hatte 1811 die „Turnerey“ begründet, als Volksertüchtigung, im Kampf gegen Napoleon, mit dem Ziel einer nationalen Einheit Deutschlands. 1816 gründete sich die Hamburger Turnerschaft und ist nach eigenen Angaben der älteste, durchgängig existierende allgemeine Sportverein der Welt.

Aber bereits 1824 gab es ein Verbot der Turnbewegung, nicht nur in Bayern, wegen politischer Betätigung der Mitglieder. König Ludwig I. hob das Turnverbot 1826 wieder auf, aber stellte es unter staatliche Kontrolle. 1828 wurde in München auf dem Oberwiesenfeld eine „Königliche öffentliche Turnanstalt“ gegründet. Ganz im Sinne Jahns gehörten zur Einrichtung neben Klettern – und Turngeräten auch Lauf – und Sprunganlagen sowie Plätze für Turnspiele. Ein eigener Lehrer wurde als Turnlehrer engagiert.

Obwohl die Turner – anfangs waren nur Männer zugelassen – ihre demokratischen Überzeugungen nicht aufgaben und deshalb immer wieder gemaßregelt wurden, kam es in den 1840er Jahren in einer Zeit der Liberalisierung zur Gründung von Turnvereinen. In Bayern waren dies zuerst der TV Nürnberg sowie der TSV Lohr am Main im Jahr 1846, der TV Augsburg folgte 1847. Im Zuge der demokratischen Revolution von 1848 entstanden viele weitere Turnvereine, die mit Stolz noch heute ihr Gründungsdatum im Namen tragen – zum Beispiel der TV 1848 Erlangen sowie der TV 1848 Schwabach. 

Wie war das nun in Nürnberg?

Als im Sommer 1846 drei junge Studenten über den Judenbühl, das heutige Maxfeld gingen, sahen sie, wie auf dem Turnplatz des Egidiengymnasiums ein Lehrer Leibesübungen mit seinen Schülern machte. Sie beschlossen spontan, nun auch einen eigenen Turnverein zu gründen. Schnell waren 14 Gleichgesinnte beisammen, jener Lehrer Völkel wurde angesprochen und sagte spontan zu, sie beim Turnen anzuleiten. Er war die treibende Kraft und bald der 1. Turnwart des Vereins. Geturnt wurde zunächst im „Prater“  in der Rosenau, heute erinnert die „Praterstraße“ am Kontumazgarten noch daran, nicht weit weg davon, wo später die erste Vereinshalle stehen sollte (Obere Turnstraße). Auf freiem Feld wurden Barren und Reck aufgestellt, Kletter- und Sprungseile montiert, eiserne Kugeln und Hanteln und ein hölzernes Pferd mit ledernem Sattel angeschafft – wie zu Zeiten Jahns in der Hasenheide in Berlin.

Anfang Oktober gab es eine erste Versammlung und den Gründungsbeschluss. Am 18. 10. 1846 wurde in einer Eingabe bei der Stadt Nürnberg um die Überlassung eines passenden Lokals für Turnübungen gebeten. Dieser erste offizielle Akt gilt als Gründungstag unseres Vereins. Der Nürnberger Magistrat erlaubte das Turnen in der Katharinenkirche, die damit unser Turnsaal wurde.

Die Turnbewegung hatte ihre erste Blüte erreicht, die allerdings nur von kurzer Dauer war. Bereits 1849 wurden die Turnvereine wieder verboten, wegen starker politischer Umtriebe – mit den Zielen der politischen Einheit des deutschen Vaterlandes sowie der neuen Staatsform Demokratie.

Zehn Jahre später, 1859, wurden Turnvereine wieder erlaubt, in Bayern durch Ludwig II. Turnen wurde nun als wertvolle Praxis der Körperertüchtigung anerkannt und auch in Schulen wieder eingeführt, immer mit der klaren Vorgabe, sich nicht politisch zu betätigen. So gab es wieder viele Vereinsgründungen, z.B. in unserer Nachbarstadt, der TSV 1860 Fürth.

Im TVN wurde nicht nur geturnt, bereits 1847 gründete man eine Turnerfeuerwehr, es gab Turner-Sänger, Theater wurde gespielt, Gedichte wurden verfasst, es gab eine Bibliothek, Mummenschanz und viele Feste wurden gefeiert und 1866 war König Ludwig II. sogar zu Besuch beim TVN, wie im Fremdenbuch vermerkt ist. 1887 wurden Kinder und auch Frauen in den Turnverein aufgenommen. Der Turnverein Nürnberg war zu einer wichtigen Adresse in der städtischen Gesellschaft geworden. So wichtig, dass zu den häufiger stattfinden Schauturnen am Sonntag meist auch die Stadtspitze eingeladen wurden – und Räte in Vertretung des „Ersten Bürgermeisters“ auch anwesend waren!

Mehr zu unserer Geschichte gibt es in der Festschrift des TV 1846 Nürnberg, die seit einiger Zeit vorliegt.

kein Eintrag gefunden